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Der TI-Messenger, ein Gamechanger?

Profilbild von Martin Fiedler

Wir haben mit Martin Fiedler, Geschäftsführer von Digitales Gesundheitswesen, über den TI-Messenger gesprochen. Er sieht ihn als Gamechanger, weil er die Kommunikation flexibilisiert. Doch er kann auch zum „Rohrkrepierer“ werden …

Wie denken Verantwortliche in Kliniken über den TI-Messenger? Haben sie schon Erwartungen?

Viele Krankenhäuser sind momentan mit anderen Themen der Digitalisierung beschäftigt, wie ihren KHZG-Projekten und der Einführung bereits existierender TI-Anwendungen. Nur einzelne – zumeist größere – Einrichtungen verfügen über die Kapazitäten, sich schon jetzt strategisch mit den Möglichkeiten des TI-Messengers zu beschäftigen. In manchen Häusern ist innerhalb der eingereichten KHZG-Projekte zwar bereits eine Messenger-Kommunikation enthalten. Allerdings hatte man zum Zeitpunkt der Einreichung noch nicht an den TI-Messenger gedacht und hier eher andere Lösungen ins Auge gefasst. Meist sind sie auf die interne Kommunikation innerhalb der Einrichtung ausgelegt. Letztlich müssen diese Konzepte aber mit der TI und ggf. mit dem TI-Messenger funktionieren, weil das die Voraussetzung für die Förderfähigkeit der Projekte ist.

Welche Chancen sehen Sie für den TI-Messenger?

Mit dem TI-Messenger ist erstmals eine einfache und sichere Kommunikation von jedem zu jedem im gesamten Gesundheitswesen möglich – ortsunabhängig und ohne Karten und Terminals. Wenn der TI-Messenger hier hält, was er verspricht, kann sehr viel Nutzwert entstehen. Zum echten „Gamechanger“ kann der TI-Messenger aus meiner Sicht vor allem dadurch werden, dass er die Kommunikation flexibilisiert – sowohl innerhalb der Einrichtung als auch in der Kommunikation mit anderen Leistungserbringern und den Patienten. Wenn der TI-Messenger aber so lebensfern umgesetzt wird wie die ePA, kann er auch zum „Rohrkrepierer“ werden. Dann nutzen die Anwender einfach andere Lösungen, die praktikabler sind, selbst wenn sie vielleicht – wie derzeit Whatsapp – nicht den Sicherheitsanforderungen für diesen Einsatzzweck genügen.

Welche Einsatzszenarien können Sie sich vorstellen?

In ambulanten Bereichen kann der TI-Messenger sicher viele Vorteile für das Personal und die Patientinnen und Patienten bieten. Wer wegen chronischer Erkrankungen mehrfach in der Woche in die Ambulanz oder das MVZ kommt, wird sicher eine schnelle und einfache Kommunikation zur Terminvergabe oder wichtigen Befundergebnissen über den TI-Messenger zu schätzen wissen. Dies kann auch das Personal entlasten.

Und wo könnte der TI-Messenger in Krankenhäusern einen Mehrwert bieten?

In Kliniken sind oft die Notaufnahmen im Zusammenspiel mit den Rettungsdiensten Treiber von Prozessveränderungen. Dort kommt es besonders auf schnelle und präzise Informationen an. Verzögerungen oder Fehler durch Medienbrüche will man minimieren. Hier kommen schon heute teilweise Messenger-Lösungen zum Einsatz, weil die Informationsketten sehr klar sind. Der Messenger-Einsatz wird sich aber auch in anderen klinikinternen Bereichen durchsetzen – und er bietet viel Potenzial für die externe Kommunikation, weil er ja sektorübergreifend funktioniert. Externe Ärzte, Pflegeeinrichtungen etc. – mit allen ist die schnelle Kommunikation möglich.

Wie beurteilen Sie die Einführung von TI und der Kommunikation im Medizinwesen (KIM) in der Rückschau?

Gerade in Kliniken ist jeder Schritt der Digitalisierung eine Herausforderung, weil komplexe Prozesse in einem ohnehin überlasteten System umgestellt werden müssen. Strukturell gibt es in vielen Häusern immer noch Brüche zwischen IT und klinischer Anwendung. Personalmangel oder Corona sind weitere hinderliche Faktoren. Die Einführung von TI und KIM in den Kliniken verlief schleppend und ist auch heute nur zum Teil erfolgreich. Beim verpflichtenden eAU-Versand über KIM funktioniert es, aber Arzt- oder Entlassbriefe werden meist weiterhin per Post versandt. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass einige KIS-Hersteller die KIM-Integration in ihre Anwendungen schlecht umgesetzt haben.

Wird sich der TI-Messenger dennoch am Markt durchsetzen können, was meinen Sie?

Ja, denn der TI-Messenger bietet die Chance, dass eine Art Graswurzelbewegung entsteht. Wenn die Einrichtung den TI-Messenger erst einmal angeschafft und sein Personal dafür freigeschaltet hat, können die Mitarbeitenden überall selbst Einsatzzwecke definieren und gegebenenfalls ihre Prozesse anpassen, erst kleinere Prozesse und dann größere, übergreifendere. Gruppen und Chats entstehen dann einfach dort, wo sie sinnvoll sind. Im Vergleich zu KIM muss dies nicht komplett vorgeplant sein. Jeder weiß aus seinem privaten Kontext, was mit Messengern heute möglich ist. Auch dort ergänzen Messenger die Mail-Kommunikation bzw. „schlagen“ sie sogar um Längen. Denn für manche Arten der Kommunikation sind Messenger einfach viel besser. Deshalb hat auch der TI-Messenger in Kliniken und Praxen gute Zukunftsaussichten, wenn er praktikabel umgesetzt wird.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Fiedler!

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