Neue Servicemodelle für die Gesundheitsbranche
Dirk Aagaard
Geschäftsführer
Beratung Organisationen, Ärzte, Psychotherapeuten, Apotheken und MVZ
Dirk Aagaard, Geschäftsführer der akquinet health service GmbH, berichtet über die Besonderheiten des Medizin- und Gesundheitsmarkts, den digitalen Wandel und eine neue “Blickrichtung”, die dabei hilft.
Seit wann gibt es die akquinet health service GmbH?
Die Gesellschaft wurde 2015 gegründet, weil wir damals das Kuratorium für Heimdialyse und Nierentransplantation, kurz KfH, als Kunden gewonnen hatten. Es war uns schon damals klar, dass wir uns gemeinsam mit dem KfH im Gesundheitswesen stärker engagieren und neue Lösungen für die Branche entwickeln wollen. Daher haben wir die Gesellschaft gegründet. 2018 sind wir dann aktiver eingestiegen und haben mit unserem Telematikinfrastruktur-Service – mit dem KfH als erstem großen Kunden – viele Kliniken als neue Kunden erreicht. Darauf aufbauend haben wir Software-Lösungen wie aktuell KIM entwickelt.
Was war die zündende Idee, in das noch kaum vorhandene Thema Telematikinfrastruktur (TI) einzusteigen?
Da kamen zwei einschneidende Erlebnisse zusammen. Zum einen hatte ein Kollege, ausgehend von seinem privaten Background, die Idee, dass sich die TI auch mit zentralen Konnektoren erfüllen ließe. Zum anderen beschäftigte sich unser Kunde KfH sehr früh mit den Herausforderungen durch die TI, die für ihn klassisch kaum abbildbar gewesen wären. Also haben wir begonnen, die Konnektoren fürs KfH zentral zu betreiben. Dort läuft die TI nun seit fast zwei Jahren sehr gut.
Seit Dezember 2020 ist der KIM-Dienst von AKQUINET wie auch der Dienst kv.dox von der KBV buchbar, hinter dem AKQUINET als technischer Dienstleister steht. Wie werden die Angebote genutzt?
Die Leistungserbringer müssen die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ja erst zum 1. Oktober 2021 über KIM versenden. Ihnen bleiben also noch einige Monate Zeit. Vor dem Hintergrund sind wir überrascht, wie früh das Interesse an KIM vorhanden ist. Ich bin fest überzeugt, dass viele jetzt umdenken und erkennen, dass sie mit der Digitalisierung ihrer Praxis oder der Klinik auch gewinnen können und nicht nur eine Pflicht erfüllen.
Für die Gesundheitswirtschaft habt ihr unterschiedliche Angebote und Zielgruppen. Gib uns bitte einen Überblick.
Die TI und KIM bilden die Basis für weitere Apps, die wir gemeinsam entwickeln und an den Markt bringen werden. Wir, das ist unser breites Netzwerk an AKQUINET-Gesellschaften, weil jede Gesellschaft unterschiedliche Kernkompetenzen mitbringt. Darüber hinaus bieten wir aktuell mit centralONE med Krankenhäusern, Krankenhausketten und großen Forschungseinrichtungen eine Lösung für eine neutrale Datenlagerung. Und mit implays bieten wir eine Anwendung, um die Leistungsfähigkeit von Patienten bzw. Sportlern und Sportteams zu tracken und zu überwachen. Das ist für Ärzte und Physiotherapeuten, aber auch für Trainer wichtig.
Wie erlebst du als „Neuling“ den Gesundheitsmarkt?
Der Markt ist stark fragmentiert. Es gibt sehr viele, kleine Software-Hersteller und nur ganz wenige große Player. Daher haben wir uns auch zum Markteinstieg entschlossen. Denn als AKQUINET sind wir mit eigenen Rechenzentren und ganz unterschiedlichem Entwickler-Know-how breit aufgestellt. Wir bieten neue Servicemodelle an, die bisher in der Branche nicht marktgängig waren. Alle Lösungen liefen „gekapselt” in der Arztpraxis oder im Krankenhaus. Cloudlösungen oder hybride Modelle existierten fast gar nicht. Das hat sich mit der Digitalisierungsstrategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn deutlich geändert. Jetzt werden Leistungserbringer digital miteinander vernetzt. Das erfordert einen ganz anderen Ansatz, als es bis vor zwei, drei Jahren in der Gesundheitsbranche üblich war.
Wie bereit sind die Ärzte und Kliniken deiner Meinung nach dafür?
Die Bereitschaft wächst. Man muss bedenken, dass es für Krankenhäuser extrem schwer ist, Personal zu rekrutieren. Daher bieten Services und auch Cloud Services neue Chancen, um Prozesse zu vereinfachen und so die Arbeitslast zu verringern bzw. Aufgaben auszulagern.
Du bist ja kein Mediziner. Was fiel dir als Externer in diesem Markt besonders auf?
Es hat mir sehr geholfen, kein Mediziner zu sein. Ich habe außerhalb der Branche erlebt, wie IT die Unternehmensprozesse vereinfacht, schneller und sicherer macht. Davon ausgehend haben wir überlegt, was der Gesundheitsbranche hilft und interessant sein kann. Im Gespräch mit Ärzten und Kliniken haben wir oft erlebt, dass sie eher auf sich und weniger nach außen schauen. Wir wollen dabei helfen, diese Blickrichtung zu verändern. Unser Ziel ist es nicht primär, etwas zu verkaufen, sondern zu zeigen, dass man gemeinsam vieles besser machen kann. Die Kliniken könnten beispielsweise ein gemeinsames Datenarchiv nutzen. Das bietet viel mehr Informationen, als wenn jedes Krankenhaus für sich agiert.
Was wird, aufbauend auf die TI, an neuen Anwendungen kommen?
Der KIM-Dienst soll um eine Videosprechstunde für die Versicherten erweitert werden, die ebenso sicher ist wie der gesamte KIM-Dienst. Das sieht das Digitalisierungsgesetz bis 2023 vor. Das klingt weit weg, aber solche relevanten Lösungen müssen ja, bereits während der gesamten Entwicklung überwacht durch die Gematik, intensiven Prüfungen unterzogen werden.
Das klingt sehr spannend, ein toller Ausblick. Danke für das Gespräch, Dirk!